Nicht erst die Pandemie in den letzten 20 Monaten hat gezeigt, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland vor wesentlichen Veränderungen und Herausforderungen steht. Inwiefern wirkt sich dies auch auf die Wirtschaftsförderung aus und welche Rolle kann diese in Zukunft einnehmen?

Wirtschaftsförderung im klassischen Sinne

Die wesentlichen Veränderungen und Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass sich auch die Anforderungen und Wünsche an die kommunale Wirtschaftsförderung verändert haben. Wo früher noch klassische Themen wie Flächenmanagement, Ansiedlungen und Unternehmensbesuche zur Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur und zur Schaffung von Arbeitsplätzen ausreichend waren, müssen heute in der digitalen, agilen und schnelllebigen Welt neue Ansätze zur Unterstützung der unterschiedlichen Transformationsprozesse in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klima & Energie gedacht und begleitet werden.

Dies führt dazu, dass sich die Wirtschaftsförderung immer im Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgruppen weiterentwickeln muss. Weiterhin stehen die Anforderungen der Kommunen und Unternehmen klassischerweise im Mittelpunkt der Aktivitäten. Gleichzeitig müssen aber zahlreiche weitere Akteure, wie beispielsweise IHK, Handwerkskammern, City-Management oder kommunale Gesellschaften mit berücksichtigt werden.
In vielen Regionen sind die Schnittstellen, Übergabepunkte und Zuständigkeiten nicht konkret geregelt und schwächen möglicherweise die gemeinsame Zielsetzung.

Wirtschaftsförderung auf dem Weg zum Begleiter der Transformation

Die Corona-Pandemie hat als Brennglas viele Themen verstärkt, die schon bekannt, befürchtet bzw. erwartet, deren Dynamik und Mächtigkeit aber noch „verleugnet“ wurden. Sei es im Kleinen die Verdrängung des altbekannten stationären Handels oder im Großen die Digitalisierung in vielen Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen, um konkurrenzfähig zu bleiben oder um dem demographischen Wandel eine Antwort zu geben.

Seit einigen Jahren wird in Deutschland intensiv über Digitalisierung diskutiert. Dabei war in den letzten Jahren vor allem von der „verschlafenen“ Digitalisierung in Deutschland zu hören. Im Zuge der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung Deutschlands erheblichen Schwung bekommen:

  • Neue Geschäftsmodelle entstehen,
  • Neue Dienstleistungen für Bürger:innen und Unternehmen stehen bereit,
  • Neue Technologien unterstützen bisherige mechanische und händische Prozesse,
  • Neue kooperative Formen der Zusammenarbeit im und außerhalb der Unternehmen werden möglich,
  • Verteiltes und vernetztes Arbeiten und Zusammenarbeiten an unterschiedlichen Standorten.

Somit wird sich die Digitalisierung und die mit ihr verbundene Automatisierung und Standardisierung auf alle Branchen und Lebenswelten auswirken.

Auch die Energiewende und die damit verbundenen Auswirkungen auf den jeweiligen Wirtschaftsstandort bzw. die Bestandsunternehmen werden erhebliche Herausforderungen mit sich bringen. Die Dekarbonisierung wird für viele Unternehmen ohne Transformationsbegleitung kaum erfolgreich und zeitnah umsetzbar sein. Hierbei können Wirtschaftsförderungsgesellschaften durch Angebote wie Reallabore, Best-Practice-Lösungen etc. nicht nur ein wesentlicher Begleiter der Bestandsunternehmen sein, sondern auch den Standort selbst erheblich weiterentwickeln.

Mit der steigenden Nachfrage nach wirtschaftlicher Nachhaltigkeit in Produktion und Handel entsteht ein weiteres Zukunftsfeld für die Wirtschaftsförder:innen in Deutschland. Die Gestaltung von nachhaltigen Dienstleistungen, Produkten und Prozessen in den drei Ebenen der Nachhaltigkeit braucht Räume zum Ausprobieren und Experimentieren. Diese Räume kann die Wirtschaftsförderung anbieten.

Somit müssen sich die Wirtschaftsförder:innen zum Impulsgeber und Innovationstreiber entwickeln, um

  • den notwendigen Kulturwandel zu gestalten, um Ansiedlungen und Existenzgründungen in Zukunft zu ermöglichen (neue Anforderungen von Existenzgründenden),
  • Möglichkeiten und Räume zum Experimentieren und zur Durchführung von Pilotprojekten schaffen (Räume und Flächen vorhalten),
  • bestehende Netzwerke zu pflegen und neue Netzwerke (Trendthemen, Interkommunale Netzwerke) zu entwickeln und
  • auch Wege und Ideen für die Finanzierung (z. B. Fördermittel) zu finden.

Wirtschaftsförderung muss in Zukunft Transformationsbegleitung in Fragen der Energiewende, der Nachhaltigkeit und der Digitalisierung sein, d. h. die Wirtschaftsförderung muss zukünftig Bindeglied und Transformationslotse zwischen Unternehmen, allen wirtschaftlichen Akteuren des Standortes und der Stadtverwaltung sein.

Praktische Unterstützung für die Weiterentwicklung

Für die praktische Umsetzung der Transformationsprozesse braucht es Werkzeuge und Methoden. Diese werden bei uns sowohl bei der Neuausrichtung als auch bei der Weiterentwicklung der Aufgabenprofile der Wirtschaftsförderungen eingesetzt. Wir setzten gemeinsam mit den Wirtschaftsförder:innen der Kommunen Zukunftswerkstätten um und befähigen die Mitarbeiter auf diese Art und Weise zu selbstständigen Transformationsbegleitern der Unternehmen der Region zu werden. Ergänzt wird dieser Prozess durch die Entwicklung von Best-Practise-Screeningprozessen als stetiger Impulsgeber und unterschiedliche weitere Maßnahmen wie den Aufbau von Fördermitteldatenbanken mit den auf die Unternehmen zugeschnittenen Beratungsangeboten.
So kann Wirtschaftsförderung neu gedacht werden und bleibt ein kompetenter Ansprechpartner auf Augenhöhe.